Das Mon Marthe in den Medien
Kabarett Mon Marthe - Kinderstube der
Kabarettisten
A. d. Hamburger Abendblatt Archiv von 1999
Große Kleinkunst - wie auf dem Tablett
serviert
Das Kabarett Mon Marthe feiert am 1. und 2. November sein 25-jähriges Bestehen
Deutschland ist zum zweiten Mal Fußball-Weltmeister, Helmut Schmidt seit fünf Monaten Bundeskanzler, da macht
am 1. November 1974 Truck Stop die Musik - nicht die Gruppe, sondern das gleichnamige Lokal an der Tarpenbekstraße.
Die Hamburger Szene fing gleich in Eppendorf an; Marthe Friedrichs war bei der Eröffnung dabei. Vor 25 Jahren hat sie die Räume übernommen. Gruppen wie Torfrock begannen hier ihre Karriere, und
nach einigen Jahren bekam auch das Wort satirisches Gewicht.
Marthe Friedrichs: "Das war praktisch Kunst auf dem Tablett." Auf Hamburgs ältester noch bestehender
Kleinkunstbühne, die seit 1984 in Anlehnung an ihre Betreiberin sowie das Pariser Künstlerviertel Montmartre Kabarett Mon Marthe heißt, traten Männer wie Dietrich Kittner und Martin
Buchholz, Frauen wie Sybille Schrödter und "Zwitter" wie Georgette Dee auf. Corny Littmann und Ernie Reinhardt wurden im heimeligen 100-Plätze-Saal mit dem Hamburger Publikum warm.
Satiriker wie Hans-Dieter Hüsch, Matthias Beltz, Matthias Deutschmann und Reiner Kröhnert fanden auf der Brettl-Bühne ihr Standbein, als die Kammerspiele noch kein
(subventioniertes) Kabarett machten und das Lustspielhaus noch nicht existierte.
Alma Hoppe hatte von 1988 bis 1993 für volle Säle gesorgt, auch nach dem Aus- und Umzug des Duos hielt
Friedrichs durch. Und das, obwohl das Mon Marthe - im Gegensatz zu anderen kleinen Theatern - bis auf eine Einmalzahlung von 10 000 Mark nie Geld von der Kulturbehörde gesehen hat. "Das Schönste
ist, wenn man sieht, dass aus den Leuten etwas wird", sagt Marthe Friedrichs.
Wenn sie das 25-jährige Bestehen ihres Hauses feiert, stehen mit der famosen Edith-Piaf-Interpretin Julia Kock, Helge Fichtner und Bernd Vogel (1. 11.) sowie dem Hamburger Spott Verein, Helga Siebert, Sybille Hein und Kerim Pamuk (2. 11.) Künstler auf der Bühne, die schon in der Vergangenheit im Mon Marthe zu Hause waren. Für ein gemeinsames Bier mit Gästen am Tresen - wo gibts das noch - sollte dann allemal Zeit sein.
Statt Eintritt wird um Spenden gebeten, denn Marthe Friedrichs weiß: "Der
Bestand der Bühne ist immer akut gefährdet." str
Heiter bis bissig - 25 Jahre Mo 1. 11., Di 2. 11., 20.30, Kabarett Mon Marthe (U Kellinghusenstr. + Bus 190, 106), Tarpenbekstr. 65, Eintriitt frei, Spenden erbeten, Infos: T. 47 54 02
Gab dem Kabarett ihren Namen: Betreiberin Marthe Friedrichs.
erschienen am 28.10.1999
Nachzulesen HIER
Kein
Szenemäuschen
taz 24.10.2001
Keine Chance auf Renovierung: Mon Marthe schließt nach 27 Jahren Von Liv Heidbüchel
Etwas zugig ist es an der Kreuzung Tarpenbekstraße/Lokstedter Weg in Eppendorf. Auch etwas ungemütlich - und ziemlich laut. Die Eckterrassen vom Kabarett Mon Marthe stammen aus einer ganz anderen Zeit, als das damalige Café noch attraktiv am Ende einer Sackgasse lag und man nicht im Traum daran dachte, dass hier einmal zwei vierspurige Straßen aufeinander treffen würden.
Vor nunmehr 27 Jahren übernahm Marthe Friedrichs die Lokalität und führte sie zehn Jahre unter dem Namen "Truck-Stop". Nicht nur Lautstärkeprobleme mit den Nachbarn, sondern besonders die erwachende Kleinkunstszene ließen den Musikclub zu Mon Marthe werden - angeknüpft an das Kabarettgeschehen am Mont Martre. Schon Anfang der 80er traten im etwa 100 Plätze fassenden Saal von Mon Marthe Künstler wie Martin Buchholz, Dietrich Kittner und Lilo Wanders auf. Stolz und ein wenig sentimental blättert Marthe Friedrichs in ihrer Pressemappe mit Artikeln aus fast drei Jahrzehnten: "Ja, ich war die Wiege des Kabarett."
Seit ein paar Wochen steht nun fest, dass sie schließen muss. Schon lange gab es Ärger mit dem Vermieter, der sich konsequent nachhaltigen Renovierungsarbeiten verweigerte. Nur noch bis Jahresende kann Marthe Friedrichs den Betrieb aufrechterhalten, denn die baulichen Mängel - vor allem durch Feuchtigkeit - sind zu gravierend.
Doch Knüppel vor die Füße gab es nicht nur vom Vermieter: Während der gesamten 27 Jahre bekam Friedrichs keinerlei staatliche Zuwendung. Schließlich verdiene sie ja durch die Gastronomie, hieß es stets zur Begründung. Fragt sich bloß, in welchem Theater es keinen Tresen gibt.
Eine einschneidende Veränderung kam dann im Jahr 1994, als das Erfolgsduo Alma Hoppe ein paar hundert Meter weiter mit dem Lustspielhaus eine direkte kabarettistische Konkurrenz hochzog. Zwar hatte Friedrichs für Jan-Peter Petersen und Nils Loenicker getextet, Musik geschrieben und verantwortlich gezeichnet, ihnen jedoch die Intendanz übertragen. Etwa 70 Prozent des Spielplans besetzten somit Alma Hoppe - und gingen dann mit der Trennung dem Mon Marthe verloren.
Zwar ließ sich Friedrichs nicht unterkriegen, musste aber härter kämpfen als zuvor. Vor einigen Jahren rief sie zum Beispiel den Verein zur Förderung der Kultur kleiner Bühnen in Hamburg ins Leben, in dem derzeit noch sieben Theater zusammengeschlossen sind. Die gemeinsame Vereins- und Werbeveranstaltung Bühnenfizz sollte dieses Jahr bei der Initiatorin Friedrichs stattfinden. Dazu wird es jetzt nicht mehr kommen.
Nur selten klingt die Macherin aus Leidenschaft bitter, eher wirkt sie aufgebracht. Mittlerweile nimmt sie die Schließung ihres Kabaretts als schicksalsgegebene Entscheidung. Und trotzdem ist es schmerzlich, dass nun gar nichts übrig bleiben soll von den Hunderttausenden, die sie im Lauf mehrerer Jahrzehnte investiert hat. Vom Kraftaufwand ganz zu schweigen. Gerne hätte die Mittfünzigerin noch das 30-jährige Bestehen gefeiert und das Kabarett dann in aller Form übergeben.
Energie hat Marthe Friedrichs allerdings für mindestens drei und ist auch schon wieder auf halbem Weg zu neuen Ufern. Zurück in die Buchhaltung, wo sie vor ihrem Leben als Herrin im eigenen Laden einmal anfing, will sie aber nicht. Genauso wenig zieht es sie momentan in andere Kulturinstitutionen: "Ich war nie ein Szenemäuschen, sondern immer ein Wolf." Also wird sie sich mehr Zeit nehmen für ihre satirischen Kurzgeschichten - die so genannten "Gedanken aus der Badewanne" - und "endlich sagen, was mal gesagt werden muss".
Doch zuerst will man sich geziemend vom Theater und seinem Publikum verabschieden: Bis zum Ende des Jahres sind neben vielen
anderen noch einmal Kalla Wefel und Helga Siebert zu Gast. Premiere feiern Bernd Vogel und Barbara Kuster, und auch Marthe Friedrichs selbst wird einige Kostproben ihrer Schreibkünste darbieten.
Letzte Chance also, dem ältesten Kabarett Hamburgs mit seinem sympathisch abgewetzten Charme einen Besuch abzustatten.
Im Original nachzulesen HIER
Die Hamburger Morgenpost berichtete am 12.12. 2001 von der
"Kinderstube der Kabarettisten"
von Elisabeth Weißhäupel
"Helga Siebert hat hier angefangen mit der Kabarettgruppe ,Die Schwarzen Witwen'. Georgette Dee ist
bei mir aufgetreten und Ernie Reinhardt, besser bekannt als Lilo Wanders", sagt Marthe Friedrichs (54) und zeigt stolz auf die selbst gebastelte Chronik ihres Kabaretts Mon Marthe.
27 Jahre lang hat sie die Räume an der Tarpenbekstraße 65 bewirtschaftet, viele Kabarettisten gefördert - und das meist ohne Unterstützung der Kulturbehörde.
Jetzt muss sie Hamburgs erste Kabarettbühne mit den 92 Plätzen und Schankraum aufgeben. Die Wände des Hauses
sind feucht, von Pilzen befallen. Durch die Decke über der Theke tropft es, auf der Veranda riecht es muffig - doch den Hausbesitzer kümmerts nicht. "Für jede Renovierung musste ich prozessieren.
Ich bin es leid", sagt Marthe Friedrichs.
Dabei hat die resolute Frau selten aufgegeben: Zuerst hatte ein Freund das Lokal übernommen. Marthe Friedrichs hängte ihren Job als Buchhalterin an den Nagel und stieg mit ein. "Ich schuftete,
kochte, putzte, machte die Abrechnungen. Er gab nur das Geld aus", erinnert sie sich.
Der Ermahnungen überdrüssig wollte sie ihr Kompagnon auf die Straße setzen. "Ich war total verzweifelt", sagt Marthe Friedrichs.
Doch die Eppendorferin ließ sich nicht unterkriegen, übernahm 1975 die Gastwirtschaft, die damals noch
"Truckstop" hieß; erst 1984 bekam die Bühne den Namen "Mon Marthe".
Dann entwickelte sich das ehemalige Tanzlokal zum Treffpunkt des Viertels. Hannes Wader trat dort auf, Komiker Otto zählte zu den Stammgästen. Die Wirtin selbst
veranstaltete Brecht- und Kästnerabende.
1976 hatte Marthe Friedrichs die zündende Idee zu Hamburgs erster Kabarett-Bühne. "Hier gab es weder
Kabarettisten, noch einen Ort, an dem sie auftreten konnten. Ich habe zwar immer gerne Texte geschrieben, hatte aber nie Zeit, sie auf die Bühne zu bringen", erzählt sie. Denn sie machte alles
selbst - von der Gastwirtschaft bis zur Pressearbeit.
Hanns Dieter Hüsch, Dieter Nuhr, Martin Buchholz, Janice Perry - nach und nach stand bei ihr
alles auf der Bühne, was in der Szene Rang und Namen hatte - oder sich bei ihr einen machte. So nahm sie die Kabarett-Formation Alma Hoppe als Haustruppe ins Programm auf. Und arbeitete auch
gleich noch an deren ersten Programmen mit.
Die Schauspielerin Marina Lubrichsang im Mon Marthe Chansons. "Ihr erster Auftritt -
heimlich, weil sie noch zur Schauspielschule ging und gar nicht hätte auftreten dürfen", erinnert sich Marthe Friedrichs. "Jetzt hat sie den Ernst-Deutsch-Förderpreis bekommen. "
Nach der Schließung Ende Dezember will Friedrichs ein Buch schreiben. Und ihre Erfahrung als Kulturmanagerin
anbieten. Vielleicht gibt es aber auch eine ganz andere Möglichkeit: "Ich habe mich als Kultursenatorin beworben", verrät sie und lacht. "Vielleicht suchen die ja jemanden mit Kompetenz."
Aufgeben wird Marthe Friedrichs jedenfalls auch jetzt nicht.
Der Betrieb geht weiter bis 31.12.
(Silvester-Lustbankett mit Kalla Wefel, Antipasti-Buffet und 6 Getränken nach Wahl, 150 Mark). Heute (12.12.) offizielle Abschieds-Party u.a. mit Helga Siebert und Tamara u. Wladimir Kapcha, ab
19 Uhr, Tarpenbekstr. 65, Karten 25 Mark unter 47 43 55, Anmeldung erforderlich
Nachzulesen HIER
Mopo: Aus nach 108 Jahren - Ende fürs
Hansa-Theater und Hinweis auf das Ende vom Mon Marthe
Der ganze Artikel
ist nachzulesen HIER:
Aus nach 108 Jahren
"Send in the Clowns" - dieses sentimentale Zirkuslied von Stephen Sondheim wird im Hansa-Theater nicht mehr erklingen. Es
werden keine Clowns mehr auf die kleine Bühne geschickt, keine Akrobaten, keine Jongleure und keine Musiker. Der altrosa Samtvorhang bleibt nach 51188 Vorstellungen geschlossen, das goldene
Gestühl bleibt unbesetzt, an der hölzernen Garderobe werden keine Mäntel mehr hängen, und in die vielen alten Spiegel wird kein Gesicht mehr blicken. Am 1. Januar gehen die Kristallleuchter
endgültig aus in dem alten Varieté am Steindamm.
Und noch ein Theater stirbt
27 Jahre lang betrieb Marthe Friedrichs ihr kleines Kabarett "Mon Marthe" an der Tarpenbekstraße. Für die Eimsbütteler Kulturszene war das Theater unverzichtbar,
gerade wegen seiner Risikofreude und Nachwuchsförderung. Hier spielten nicht nur Komödianten wie Mario Barth oder Gerlach Fiedler, hier wurde auch feste gefeiert. Jetzt weist das Haus erhebliche
bauliche Mängel auf. Marthe Friedrichs ist es ohne Hilfe der Behörden nicht möglich, diese zu beseitigen. Aber der Stadt fehlt das Geld. Am 31. Dezember 2001 schließt das "Mon Marthe".
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